Der Erfolg der Aufzucht wird durch eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren bestimmt. Ziel ist dabei den Küken und späteren Jungtieren eine optimale Entwicklung zu gewähren, um ihr genetisches Potential auszuschöpfen. Dabei sollte die Aufzucht ohne oder mit nur geringen Tierverlusten erfolgen.
Zur Einschätzung der Güte der geschlüpften Küken können u.a. folgende Merkmale von vitalen, gesunden Eintagesküken herangezogen werden:
Küken brauchen Wärme
Für einen erfolgreichen Start ist die optimale Umgebungstemperatur für die Küken einer der wesentlichsten Punkte überhaupt. Küken haben eine Körpertemperatur von 40 bis 41°C und besitzen dabei aber in den ersten Lebenswochen kein Wärmeregulierungsvermögen. D.h., sie können bei schwankenden Umgebungstemperaturen ihre Körpertemperatur nicht konstant halten, weshalb sie auf eine externe Wärmequelle (Glucke bzw. Wärmestrahler etc.) angewiesen sind. Sind die Küken in der ersten Lebenswoche zu kühlen Temperaturen ausgesetzt, zeigen sie eine schlechtere Startphase, wachsen unausgeglichener und sind anfälliger für Erkrankungen (z.B. Dottersackentzündung). Dabei ist bereits auf dem Weg von der Brüterei oder des Tierarztes zu beachten, dass die Küken nicht auskühlen.
Die unterschiedlichen Heizquellen (Infrarot-, Dunkelstrahler, Wärmeplatten, Fußbodenheizung etc.) bieten alle Vor- und Nachteile, die entsprechend der Rasse, den Bedingungen vor Ort und den individuellen Erfahrungen abzuwägen sind. Infrarotstrahler besitzen den klaren Nachteil, dass sie keinen klaren Tag-Nacht-Rhythmus ermöglichen (Knochen- / Kammwachstum, Zehenverkümmungen, höheres Risiko für Federpicken). Der Kükenstall sollte bereits 2 Tage vor dem Einsetzen der Küken aufgeheizt werden. Nur so wird gewährleistet, dass auch der Boden ausreichend aufgewärmt ist. Die für den Warmbereich des Stalles geltenden Optimaltemperaturen sind in nachstehender Tabelle aufgeführt. Als Faustregel gilt, dass die Temperatur von 30°C am Ende der ersten Lebenswoche wöchentlich um 2°C gesenkt werden sollte, um dann ab der 5./6. Lebenswoche auf 18-20°C zu verbleiben.
Tabelle 1: Empfohlene Stalltemperaturen während der Aufzucht
Alter | Stalltemperatur |
1.-2. Lebenstag | 35 – 36 °C |
3.-4. Lebenstag | 33 – 34 °C |
5.-7. Lebenstag | 30 – 32 °C |
2. Lebenswoche | 28 – 29 °C |
3. Lebenswoche | 26 – 27 °C |
4. Lebenswoche | 22 – 25 °C |
ab 5. Lebenswoche | 18 – 20 °C |
Es ist unbedingt anzuraten, die Stalltemperatur bei Küken per Thermometer zu kontrollieren. Zusätzlich gibt das Verhalten der Küken Aufschluss über die Stalltemperatur. Bei optimaler Temperatur liegen die Küken ringförmig unter dem Wärmestrahler und sie bewegen sich frei. Liegen sie dicht gedrängt, ist es zu kalt. Werden bestimmte Stallbereiche gemieden, muss davon ausgegangen werden, dass dort Zugluft herrscht. Um bei technischen Defekten keine Verluste zu riskieren, sollten sich immer mind. zwei Wärmequellen im Stall befinden. Große Vorteile bietet der Einsatz von Thermostaten zur Regulierung der Stalltemperatur. Moderne digitale Universalthermostate sind zu moderaten Preisen erhältlich. Auf diese Weise können Fehler durch schadhafte Hitze oder Unterkühlung vermieden und zugleich Stromkosten gespart werden.
In den ersten Lebenstagen kann der Stall durch Kükenringe o.ä. abgetrennt sein, um die Küken an den Heizquellen zu fixieren und Erdrückungsverluste zu vermeiden. Ringförmig aufgestellte biegsame Kunststoffplatten (ca. 40 cm hoch) oder speziell dafür konzipierte Trenngitter leisten dabei gute Dienste. Durch das Entfernen der Kükenringe mit ca. einer Lebenswoche wird das Platzangebot vergrößert und die Küken können auch in kühlere Bereiche, wo dann z.B. Futter und Wasser bereitstehen. Durch diese Trennung in Warm- und Kaltzone wird der Regulierungsmechanismus der Körpertemperatur trainiert und härtet die Küken ab.
Neben der richtigen Temperatur muss auch die Frischluftzufuhr für ein tierfreundliches Stallklima gewährleistet sein. In diesem Punkt liegt nicht selten ein Defizit der Kükenhaltung. Ohne ausreichend Sauerstoff ist keine optimale Entwicklung möglich. Wenig Frischluftzufuhr bringt zudem ein hohes Staubaufkommen mit sich, was in Verbindung mit den Schadgasen (Ammoniak, Kohlenstoffdioxid) in der verbrauchten Luft zu verklebten Augen führen kann. Ausreichend Frischluft bei gleichzeitig korrekter Temperatur schafft hier Abhilfe.
Lebenswichtig: Aufnahme von Futter und Wasser
In den ersten Lebenstagen zehrt der Körper der Küken von den Nährstoffen im Dottersack. Mit der Futteraufnahme wird dann der Stoffwechsel vom fettreichen Dottersack auf das kohlenhydratreiche Mischfutter umgestellt. Trotz, dass im Dottersack Nährstoffreserven bereitstehen, ist die schnellstmöglich Aufnahme von Futter und Wasser von eminenter Bedeutung für eine gute Startphase.
Wie schnell und problemlos die Küken die Aufnahme von Futter und Wasser erlernen ist nicht zuletzt rasseabhängig. Einige Rassen zeigen hierbei nur in den seltensten Fällen Komplikationen, andere hingegen (z.B. Urzwerge) bedürfen hier besonderer Beachtung. Grundsätzlich sollte das Mischfutter in den ersten Lebenstagen auf Futterschalen oder anderen flachen Gefäßen zur Verfügung gestellt werden und nicht ausschließlich in Futtertrögen. Somit finden die Küken das Futter deutlich schneller. Die fließende Umstellung auf Futtertröge sollte in den ersten zwei Lebenswochen erfolgen. Vorteilhaft kann es sein, wenn zusätzlich vor dem Einsetzen der Küken in den Stall auf der Einstreu oder auf Wellpappe Futter im Bereich der Wärmequelle verstreut wurde. Durch dieses Vorgehen picken die Küken bei ihren ersten Versuchen direkt auf Futterpartikel und nicht nur auf Einstreu. Das Futter liegt den Küken direkt vor und muss nicht erst aufgesucht werden, was erste die Futteraufnahmen enorm begünstigt. Nur darf dabei das Futter nicht zu früh im warmen Stall verteilt werden, da es dann zu stark austrocknet und die Küken es ungern aufnehmen. Um die Küken zusätzlich zur Futteraufnahme zu animieren, kann mit dem Finger auf das Futter geklopft werden, was die Küken als Schnabel der Mutter nachempfinden.
Futter- und Wassergefäße sollten in unmittelbarer Nähe der Wärmequellen platziert sein. Da die Wassergefäße vielmals noch nicht erhöht aufgestellt sind, wird das Trinkwasser schnell durch Einstreu usw. verschmutzt. Diese Verunreinigungen sollten möglichst häufig entfernt werden. Ein tägliches Wechseln des Tränkwassers ist unbedingt notwendig, da durch die hohen Stalltemperaturen das Keimwachstum im Tränkwasser enorm ist. Bei Stülptränken ist der Rand nicht zu breit zu wählen, da ansonsten die Gefahr besteht, dass darin Küken ertrinken. Beim Einsetzen in den Kükenstall empfiehlt es sich, alle oder einen Teil der Küken mit dem Schnabel in das Tränkwasser zu tauchen. Daraufhin finden die Küken deutlich besser den Weg zur Tränke. Generell sollte in den ersten 48 Stunden der Stall hell beleuchtet sein, damit sich sie Küken besser orientieren können und ihnen jederzeit die Aufnahme von Futter und Wasser möglich ist. Sobald die Küken die Tränke sicher finden, kann diese erhöht aufgestellt werden, um eine gute Tränkhygiene zu gewährleisten.
Trotz aller Bemühungen kann es dazu kommen, dass ein Teil der Küken nicht mit fressen beginnt. Dies hat fatale Folgen, wenn es nicht unmittelbar bemerkt wird. Deshalb ist gerade in den ersten beiden Lebenswochen der Züchter zu höchster Aufmerksamkeit bei der Tierbetreuung verpflichtet. Es empfiehlt sich, am 2. Lebenstag den Kropf bei einigen Küken abzufühlen. Dieser sollte dann fast ausnahmslos gut gefüllt sein. Küken, die kein Futter und Wasser aufgenommen haben, bleiben bereits nach 2 bis 3 Tagen in der Entwicklung deutlich zurück und sind abgemagert. Ihre Austrocknung ist dann besonders an trockener, loser und z.T. dunkel verfärbter Haut an den Läufen erkennbar. Häufig picken diese apathischen Küken wahllos in der Einstreu. Ohne Gegenmaßnahmen verenden diese Tiere bis zum 5., teils bis zum 8. Lebenstag.
Bemerkt der Züchter, dass ein Teil der Küken die Futter- / Wasseraufnahme verweigert, ist sofortiges Reagieren angesagt. Dabei sind die vorgenannten Aspekte kritisch zu prüfen und evtl. vorhandene Fehler zu beseitigen. Auch unzureichende Futterqualität, d.h. zu grobe / zu feine Struktur, verpilztes bzw. zu altes Futter, scharfkantiges Granulat usw., kann eine Ursache sein. Auch eine sehr hohe Besatzdichte und zu wenig bereitgestellte Futter- und Wassergefäßen können als Risiken gelten.
Ein Stallklima mit der optimalen Temperatur und optimierte Voraussetzungen für die schnellstmögliche Futter- und Wasseraufnahme sind die wichtigsten Punkte in der Haltung von Hühnerküken in den ersten Lebenswochen. So banal und einfach die meisten der dargestellten Punkte auch sein mögen, so gravierend sind aber auch die negativen Auswirkungen bei Nichtbeachtung.
Hygiene: ein zentraler Baustein
Das Kükenalter ist hygienisch betracht eine besonders sensible Phase. Frisch geschlüpfte Küken besitzen einen weitestgehend sterilen Magen-/ Darmtrakt, der erst nach dem Schlupf mit Keimen aus der Umgebung besiedelt wird. Kommen die Küken gleich mit krankmachenden Keimen in Berührung, ist das ihnen natürlich zum Nachteil. Auch ist das Immunsystem von Küken und Jungtieren noch weniger belastbar als das von ausgewachsenen bzw. Alttieren. Grundsatz muss immer sein, die Küken in den ersten Lebenswochen so effektiv wie möglich vom Alttierbestand abzuschirmen, um eine Erregerübertragung zu minimieren.
Idealerweise steht der Aufzuchtstall und v.a. die Ausläufe schon über einen längeren Zeitraum leer. In jedem Fall wird der Kükenstall vor der Einstallung gründlich gereinigt und anschließend desinfiziert. Bei der Reinigung empfiehlt es sich, mit Staubsauger zu arbeiten und die geeigneten Flächen auch nass zu reinigen. Vor der Belegung mit den Küken sollte der Stall in jedem Fall ordnungsgemäß desinfiziert sein. Hinweise hierzu sind unter den Ausführungen zur Hühnerhaltung zu finden.
Auch bei der täglichen Versorgung der Küken sollte die Hygiene beachtet werden. Wechselschuhe für den Kükenstall machen nicht viel Mühe, bringen aber große Vorteile. Idealerweise wird im Kükenstall auch andere Wegekleidung getragen. Zuerst die Jung- und dann die Alttiere bei der täglichen Pflege zu versorgen, ist eine alte und wirksame Grundregel.
Ruben Schreiter